Wissenwertes
Demokratische Erziehung ‒ Was ist das?
«Wer das Gemeinschaftsgefühl erreicht, hat das Erziehungsziel erreicht.»
«Wer mit den Augen eines anderen sehen, mit den Ohren eines anderen hören und mit dem Herzen eines anderen fühlen kann, der zeichnet sich durch Gemeinschaftsgefühl aus.»
Der demokratische Erziehungsstiel integriert das Kind so oft wie möglich aktiv und altersentsprechend in Entscheidungsprozesse und Gestaltungsmöglichkeiten im Alltag. Dies sichert seine Beteiligung am Geschehen und vermittelt ihm das wichtige Gefühl von Zugehörigkeit. Die Möglichkeit zur Wahl fördert die Selbstwirksamkeit und somit den Selbstwert. Die Gleichwertigkeit in einer Gemeinschaft wird grossgeschrieben. Das Ziel ist es, dass das Kind lernt, die Vorteile des Mitspracherechts zu schätzen, sich gleichzeitig aber an Regeln, Pflichten und Grenzen halten lernt. Das gibt Halt, Sicherheit und Orientierung. Es kann wichtige Verantwortung übernehmen. Das Kind wird immer wieder ermutigt eigene Erfahrungen zu sammeln. Erfolge werden gemeinsam gefeiert. Das Kind wird gesehen und gehört mit all seinen Fähigkeiten und Stärken.
Die Voraussetzung für eine fröhliche Atmosphäre ist die wichtige Haltung der Erziehungspersonen gegenüber dem Kind: Sie ist freundlich, wohlwollend, ermutigend, wertfrei und gemeinschaftlich.
Gemeinschaftsgefühl steht im Zentrum der Adler'schen Lehre und ist das wichtigste Erziehungsziel.
Das Gemeinschaftsgefühl dient als Form der Prävention gegen Gewalt, Übergriffe, Drogenkonsum, Depressionen und Krankheit.
Kinder, die in den Genuss des demokratischen Erziehungsstils kommen, zeigen ein hohes Mass an Selbstständigkeit und haben ein gutes Selbstwertgefühl. Ihre soziale Kompetenz ist oft vorbildlich.
Dank der ständigen Kommunikation zwischen Eltern und Kindern, entwickeln diese schnell einen umfangreichen Wortschatz und lernen ihre Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse zu formulieren.
Die Theorien der Tiefenpsychologie, auf denen Dr. A. Adlers Individualpsychologie beruht, helfen dabei das Verhalten des Kindes besser zu verstehen. Die Erkenntnisse lassen sich im Alltag durch demokratische Erziehung praktisch umsetzen und ermöglichen einen konstruktiven Umgang mit schwierigen Situationen.
Das Ziel ist es, das Kind in Kooperation zu begleiten und möglichst Widerstand zu umgehen.
Ich habe mir zum Ziel gesetzt das wertvolle Wissensgut der Individualpsychologie, zum Wohle des Kindes, an Interessierte weiterzugeben.
Dr. med. Alfred Adler
Wer war Dr. med. Alfred Adler? (1870–1937)
Dr. med. Alfred Adler war ein österreichischer Kinderarzt und Psychotherapeut. Er hat die Lehre der Individualpsychologie begründet. Die Individualpsychologie (fortan IP genannt) ist eine Schule der Tiefenpsychologie.
Dr.med. A. Adler ist neben Dr. Sigmund Freud und Carl Gustav Jung einer der drei bedeutendsten Vertreter der Tiefenpsychologie. Der Name Individualpsychologie wurde von Adler gewählt, weil jeder Mensch ein «Individuum», im ursprünglichen Sinn des Wortes, ein Unteilbares, Ganzes ist.
Körper, Geist und Seele sind untrennbar und haben eine Wechselwirkung. Adler hatte selbst eine Organminderwertigkeit (er litt an Rachitis), die ihn veranlasste, die Zusammenhänge genauer zu prüfen. Er wies auf den Zusammenhang zwischen einer Organminderwertigkeit und deren körperlichen und psychischen Kompensation und Überkompensation hin. So hat er die Theorie der Psychosomatik erkannt.
Diese Situation der Minderwertigkeit oder Unterlegenheit fand Adler im psychischen Bereich vor allem bei den vier Lebensaufgaben:
- Arbeit
- Liebe
- Gemeinschaft
- Freizeitgestaltung
Sie löst beim Menschen einen Gefühlszustand aus, den Dr. A. Adler Minderwertigkeitsgefühl nannte.
Ähnlich wie bei der Kompensation einer Organminderwertigkeit ist die menschliche Psyche bestrebt, diesen Zustand der Unterlegenheit durch ein Geltungsstreben zu überwinden. ( z.B. Ehrgeiz)
Wie gut der Mensch in der Lage ist, solche Herausforderungen des Lebens zu bestehen, hängt nach Dr. A. Adler in erster Linie davon ab, wie er die erste Unterlegenheitssituation, seine Hilflosigkeit als Säugling, bewältigen konnte.
Dr. A. Adler stellte fest, dass dieser positive Antrieb im Wachstums- und Entwicklungsprozess die Grundlage für die Erziehbarkeit des Menschen bildet, weil er in dieser Situation unbedingt auf die Hilfe seiner Beziehungspersonen angewiesen ist.
In dieser frühen Wechselbeziehung zwischen Mutter und Kind bildet sich ein Gefühl des Aufgehobenseins unter den Menschen, das Adler Gemeinschaftsgefühl nannte und das zu einem unbewussten Persönlichkeitsanteil wird.
Das Gemeinschaftsgefühl steht im Zentrum der Adler’schen Lehre, weil es den Gradmesser für die seelische Gesundheit von Individuum und Gemeinschaft darstellt.
Im Menschenbild Adlers hat das Individuum eine Sozialnatur, die vom Gemeinschaftsgefühl geleitet ist und zielgerichtet handelt.
Seine Theorien wurden stetig weiter entwickelt, so zum Beispiel von seinem Schüler Rudolf Dreikurs.
Literaturvorschläge
Emma, Sophie, Max & Co.
Familienwerkstatt, A. Pini
Kulturbuchverlag
978-3-90939-66-8
Ermutigung und Anerkennung
Barbara Hennings
Kreuz Verlag
978-3-451-61219-0
Kinder brauchen Ordnung
Jane Nelsen
Adonia Verlag
978-3-905011-30-2
So sag ich’s meinem Kind
Adele Faber/E. Mazlish
Oberste Brink Verlag
978-3-934333-41-3
Kinder fordern uns heraus
Rudolf Dreikurs/V. Soltz
Klett-Cotta Verlag
978-3-608-94539-3
Kinder lernen aus den Folgen
Rudolf Dreikurs/L. Grey
Herder Verlag
978-3-451-05902-5
Starke Kinder – zu stark für Drogen
Lucie Hillenberg/B.Fries
Kösel Verlag
978-3-466-30464-6